Der eine fängt an, die andre ist ganz oben

17.10.2009

PERSÖNLICH Von kleinen und großen Schriftstellern, herzlichen Steuerberatern, liebenswerten Traditionen und genussverliebten Gastronomen

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"Herta Müller hat ihre Ausreisepapiere zusammen und wird nächste Woche in Frankfurt erwartet." So schrieb im Februar 1987 Ursula Krechel dem Wiesbadener Richard Lifka (Foto: Archiv/Kubenka), der Ende der 80er Jahre die Autorin und Rheingau-Literatur-Preisträgerin 2008 als damaliger Deutschlehrer in Rumänien kennengelernt hatte. Wie´s die Koinzidenz so will: Eben wird Herta Müller aus dem rumäniendeutschen Banat der Literatur-Nobelpreis zuerkannt, da entdeckt Lifka den Krechel-Brief in alten Unterlagen. Der heutige Autor und Verleger hatte von Ursula Krechel eine Beurteilung der eigenen schriftstellerischen Arbeitsproben erwartet - und es wird ihm die bevorstehende Ankunft Herta Müllers (gemeinsam mit ihrem damaligen Mann Richard Wagner) im Westen angekündigt! Allzu große Beachtung hatte Lifka der Bemerkung damals nicht geschenkt, das Schreiben aber aufgehoben - als habe er geahnt, wie wichtig das Dokument mit dem Namen "Herta Müller" einmal werden sollte. (Müller-Foto: Archiv/dpa)


Macht Spaß - schon nach wenigen Seiten

REAKTIONEN Stimmen aus Buchhandel und Verlagen: "Tolle Sache", aber auch Skepsis / Die "Simplicissimus"-Neufassung lesen wollen alle

Gabriele Wörner hat in die Neuausgabe des "Simplicissimus" schon reingelesen, sich festgebissen und "würde gern bis zur letzten Seite" dranbleiben. Während der Geschäftszeiten kann es die Mitinhaberin der Buchhandlung Vaternahm aber schlecht. Fürs Geschäft aber kann sie die Bücher für ihre Kundschaft bestellen, hat bereits einen Vorrat

und ein ganzes Fenster mit den Ausgaben in zwei Bänden und dem Gesamtdruck dekoriert.

Reinhard Kaiser (der Übersetzer aus der barocken in eine aktualisierte deutsche Sprache) habe, so die Buchhändlerin, "einen Orden verdient", indem er das Original des Hans Jacob Christoffel von Grimmelshausen allgemeiner Leserschaft wieder zugänglich macht. Und damit auch dessen "Volkstümlichkeit und Belesenheit, Witz und Menschlichkeit".

Der alte Grimmelshausen war indessen nie ganz aus dem Bewusstsein verschwunden, erklärt Antiquar Thomas Wiederspahn. Immer wieder - freilich auch nur hin und wieder - wurde er bei ihm nachgefragt.

Der Titel "Simplicissimus", egal in welcher historischen Ausgabe, sei im kulturellen Gedächtnis präsent geblieben, so Wiederspahn. Und wenn jetzt eine Neuübertragung auf sich aufmerksam macht, schärfe das auch den Blick für ältere Exemplare, ist seine Erfahrung. Unter den verlegerisch Erfahrenen dieser Stadt wiederum hält Brigitte Forßbohm (Edition 6065) das "Simplicissimus"-Projekt für eine "tolle Sache", und Richard Lifka respektiert den "Mut" des Eichborn-Verlags. Denn, dass Reinhard Kaisers Neufassung ein "großer Verkaufsschlager" wird, glaubt der Leiter des Wiesbadener Brücken-Verlags nicht. Zu spezifisch das Interesse an diesem Werk aus dem 17. Jahrhundert, und auch in verständlichem Deutsch sei es "schwerer zu lesen" als ein Buch, das heute geschrieben, einen Blick auf die Barockzeit zurückwirft.

Dann aber schwärmt er von "diesem ersten Buch in neudeutscher Sprache", vom "Riesenschritt und Meilenstein" in der Literaturgeschichte. Und er selbst hatte das Original nach seinem Studium immer noch mal lesen wollen - die Möglichkeit, es jetzt leichter als früher tun zu können, bietet sich jetzt. Greift er danach? "Ich glaub´, ja".

Auch Brigitte Forßbohm hat das Original bisher noch nie "ganz geschafft". Das könnte sich jetzt ändern. Das Verlags-Projekt jedenfalls hält sie für "reizvoll und verdienstvoll" und weiß: "Das war keine einfache Sache, sondern langwierig und teuer". Es schließe die "wichtige Lücke", den "Simplicissimus"-Blick in die "spannende und schreckliche Zeit" des Dreißigjährigen Kriegs verständlich lesbar wieder nachvollziehen zu können. Eine Neuübertragung sei legitim: Grimmelshausen dürfe ja nicht in ein Museum geschoben werden, sondern solle Anschluss finden an unsere Zeit.

Die Stimmen aus Wiesbadener Buchhandel und Verlagen jedenfalls wünschen dem neuen "Simplicissimus" viel Erfolg, also "viele Leser/innen". Warum es lesen? "Weil es Spaß macht," sagt Gabriele Wörner schon nach den ersten Seiten.

Wiesbadener Kurier Von Viola Bolduan

Statt “Agathe” - drei Autoren

Seit 2006 gibt es keinen Frauenkrimipreis / Von 2009 an Stipendiaten

Es war im Jahr 2007, dass Mitra Devi und Tatjana Kruse (damals noch mit Oliver Bottini) im Frauenmuseum nach öffentlicher Krimi-Lesung zusammensaßen. Kulturdezernentin Rita Thies saß mit dabei. Sie spürte, die beiden fühlen sich wohl in Wiesbaden: Ob sie noch mal wiederkommen wollten? Die beiden wollten. Und gehören jetzt zu den2009 Krimistipendium 28.05. in der WG 01 drei Stipendiaten, die zum ersten Mal in Wiesbaden den schönen Monat Mai an die Beschäftigung mit Krimis hinge2009 Krimistipendium 20.05. Le Bonheur 009ben wollen. Sie ziehen ein in die Atelierwohnungen im Literaturhaus Villa Clementine. Mit dem bisschen Plastik, das um das Haus noch gespannt ist, weil es saniert wird, sollten    echte Krimi-Autorinnen ja noch fertigwerden. 

2009 Krimistipendium 20.05. Le Bonheur 006 klein

Es wird Mai, bis es soweit ist. Und die beiden Frauen kommen nicht allein. Der Dritte im Bunde wird Michael Kibler sein. Ebenfalls Krimi-Autor - noch von “Darmstadt-Krimis”, weil er da herkommt. Das soll sich ändern. Durch einen Aufenthalt in Wiesbaden. Denn:

Der vierwöchige Aufenthalt der Stipendiaten bietet ihnen nicht nur Austausch untereinander, Workshops, öffentliche Lesungen, Besuch von Bundes- und Landeskriminalamt, sondern soll sie auch zu einem “Wiesbaden”-Krimi animieren. In Buchform, so Rita Thies, sollte eine solche Sammlung des lokalen Tatorts erweiterbar sein.

Ein erster Tatort für die Krimi-Stipendiaten steht fest: Am 12. Mai stellen sich Mitra Devi, Tatjana Kruse und Michael Kibler in der Reihe “Kurier-Kultur” im Pressehaus vor. Sie sind auch in Schulen und nach Frankfurt eingeladen und treffen, nach Wunsch von Programmorganisator Richard Lifka, zum Schluss vielleicht noch Dostojewski . . .

Von Viola Bolduan

Tatorte Hessen. Hochprozentig



"Der neue Band der 'Tatorte Hessen' riecht nach Hochprozentigem: In einem Mix hessischer Kurzkrimis - angereichert mit Cocktailrezepten zum Nachmixen - schicken die Autoren ihre 'Helden' durch Hessen. Ein von seinen Redaktionen ausgebremster und von seiner Freundin verlassener Frankfurter Journalist landet zwecks Ermittlungen in Kronberg. Und ein Frankfurter Kurzkrimi endet im Nordend - trotz oder gerade wegen der Lynchburg Lemonade aber nicht so mörderisch, wie es zunächst scheint. Ob der Kurzkrimi in Wiesbaden oder Richelsdorf bei Bad Hersfeld spielt: Immer gibt es zum Lokalkolorit auch noch einen Cocktail.
Lothar Ruske (Hg.): 'Tatorte Hessen. Hochprozentig', Societäts-Verlag Frankfurt am Main, 240 Seiten, 14,80 Euro"

Solo für die Hinterbliebenen


Autoren-Quartett Elka Vrowenstein pausiert

Zehn Jahre ist es her, dass Gisela Winterling, Katharina Pauly, Joachim Biehl und Richard Lifka in Frauenstein die Autorengruppe Elka Vrowenstein gegründet haben. Ein Jahr später kam ihr erster in der Lokalpolitik angesiedelter Kriminalroman auf den Markt.

Sie waren die Vorreiter der Wiesbadener Krimiszene: Zehn Jahre ist es her, dass Gisela Winterling, Katharina Pauly, Joachim Biehl und Richard Lifka in Frauenstein die Autorengruppe Elka Vrowenstein gegründet haben. Ein Jahr später kam ihr erster gemeinsam geschriebener und in der Lokalpolitik angesiedelter Kriminalroman auf den Markt: "Wiesbadener Roulette". Dem kurzweiligen Erstling folgten "Wiesbadener Turnier" und "Wiesbadener Theater".

Von dem Quartett, das sich immer donnerstags in der Schreiberwerkstatt in Frauenstein (Vrowenstein) traf, sind heute nur noch zwei übrig: der von Agatha Christie angefixte Apotheker Joachim Biehl und Richard Lifka, der lieber Krimis schreibt als Lehrer zu sein.

"Uns sind die Frauen abhanden gekommen", sagt der freie Autor und Journalist Lifka. Die Frauen leben noch, allerdings im Ausland. Pauly stieg bereits beim "Wiesbadener Turnier" aus, Winterling verließ die Runde bei der Arbeit am dritten Gemeinschaftsroman, dem "Wiesbadener Theater".

Privatdetektiv im Ruhestand

Unter dem Autorennamen Elka Vrowenstein haben Biehl und Lifka zwar noch den Roman "Formel Blau" und den Kurzkrimi-Band "Blaue Kapelle" veröffentlicht - aber ohne das Stammpersonal der drei ersten Romane. Privatdetektiv Frederic Feuerbach ist abgetaucht. "Wir haben ihn in den Ruhestand geschickt , zumindest vorläufig", sagt Lifka. Eine Rückkehr der Spürnase sei nicht ausgeschlossen, dann soll auch Elka Vrowenstein wiederbelebt werden.

Bis dahin toben sich die Vrowenstein-Hinterbliebenen alleine oder gemeinsam auf dem Krimisektor aus. Ihr jüngstes Gemeinschaftswerk "TeufelsOhr" spielt in Afghanistan, in Berlin und in Peking. Eine Geschichte, die Machenschaften der Geheimdienste aufdeckt und hinter die Kulissen des Kanzleramts blickt.

Lifka sitzt an einem Kriminalroman, den er erstmals alleine schreibt. Handlungsorte sind Wiesbaden und das Rhein-Main-Gebiet. Mehr verrät er nicht. Eventuell kommt das Buch Ende nächsten Jahres auf den Markt.

Lifka ist Mitglied in der Vereinigung deutschsprachiger Krimi-Autoren "Das Syndikat" und gehört der Jury an, die den höchsten Krimipreis Deutschlands, den "Glauser-Preis", vergibt.

Krimiserien aus dem Vorabendprogramm des Fernsehens interessierten den Krimiexperten nicht, historische Krimis mag er auch nicht. Sein Anspruch: Ein Krimi - egal ob reißerisch oder literarisch - soll die Gesellschaft der Gegenwart abbilden und muss "gut ausgehen". Das Böse müsse überführt werden, sagt Lifka, der erst als Referendar an Schulen in Hofheim und Flörsheim erkannte, dass Lehrer zu sein nicht seine Berufung ist.

Der 53-Jährige, der in Mainz und Frankfurt Germanistik, Politik, Geschichte und Soziologie studierte, hat hohe Ansprüche an die Unterhaltungsliteratur. Einen Krimi-"Guru" jedoch hat der regelmäßige "Tatort"-Gucker nicht.

„Trio mortale“ - Wiesbaden vergibt Krimistipendien

Literarischer Austausch unter den Autoren soll gefördert werden
(20.05.08) Wiesbaden - Auf Initiative von Kulturdezernentin Rita Thies wird Wiesbaden ab dem Jahr 2009 jährlich ein je vierwöchiges Aufenthaltsstipendium an drei Krimiautorinnen beziehungsweise Krimiautoren vergeben. „Trio mortale“ heißt das Motto, denn die Drei werden zu gleicher Zeit in die Stadt eingeladen. Das Stipendium ist pro Autor/Autorin mit 2.500 Euro dotiert. Die Unterkunft in den neu hergestellten Appartements im Dachgeschoss des Literaturhauses „Villa Clementine“ ist mietfrei. Zusätzlich trägt das Kulturamt die Kosten für An- und Abreise.Die Kulturdezernentin der Landeshauptstadt erläutert die Hintergründe: „Wiesbaden hat sich seit einigen Jahren mit der Etablierung des Wiesbadener Krimiherbstes und des Fernsehkrimifestivals einschließlich der Verleihung des Deutschen Fernsehkrimipreises zu einer veritablen Krimistadt entwickelt. Berühmte internationale Autorinnen und Autoren, wie Doris Gercke, Ingrid Noll, Sara Paretsky, Polina Daschkhova, Veit Heinichen, Frank Schätzing oder Felix Huby waren auf Einladung des Wiesbadener Literaturhauses beziehungsweise des Kulturamtes ebenso zu Gast wie Autoren aus Wiesbaden oder der Region, wie etwa Alexander Pfeiffer und Richard Lifka oder Jan Seghers. Das Programm des Krimiherbstes wird außerdem von zahlreichen Wiesbadener und regionalen Kulturinstitutionen, Buchhandlungen und Verlagen durch Krimipreise und Veranstaltungsreihen bereichert. Dass der Krimi ein hochaktuelles Genre ist, zeigt sich daran, dass er sich als sensibler Seismograph für im Wandel begriffene gesellschaftliche Wertvorstellungen erwiesen hat und auf aktuelle und kontrovers diskutierte Themen reagiert“.Das Aufenthaltsstipendium vermag das Schreiben von Krimis nachhaltig zu fördern. Die Autorinnen und Autoren können die in dieser Zeit gesammelten Eindrücke in Plots erproben, sich untereinander und mit Schriftstellern aus Wiesbaden und der Region austauschen. Außerdem entsteht dadurch ein Forum in der Stadt, das die Autoren in Kontakt mit den Lesern bringt. Dazu kommt, dass Wiesbaden als Stadt für Autoren durch das Bundes- oder auch das Landeskriminalamt interessante Recherchemöglichkeiten bietet. In diesem Sinne vermag dieses genrespezifische Stipendium die deutschsprachige Literaturlandschaft zu bereichern.Ziel dieses bewusst auf vier Wochen begrenzten Aufenthaltsstipendiums ist es, die Entstehung von Kriminalliteratur sowie den professionellen Erfahrungsaustausch unter Krimiautorinnen und -autoren zu fördern. Die drei Stipendiaten sollen nämlich gleichzeitig die Stipendiatenwohnungen im Literaturhaus Villa Clementine beziehen, damit der literarische Austausch unter den Autoren gefördert werden kann – außerdem sollen die Stipendiaten durch honorierte Lesungen im Literaturhaus oder Schreibworkshops in die literarische Szene der Stadt eingebunden werden. Darüber hinaus soll von den im Zeitraum von drei Jahren geförderten Autorinnen und Autoren, insgesamt neun Personen, während ihres Aufenthaltes ein Krimi geschrieben werden. Eine Geschichte, in der die spannende Suche nach dem Täter an bekannte Orte in und um Wiesbaden führt oder von diesen inspiriert ist. Mit dem Einstieg in den Krimi wird ein/e bekannte/r Autor/in beauftragt; die Geschichte wird dann durch die Stipendiaten während ihres Aufenthaltes weitergeführt. Insgesamt arbeiten so zehn Autorinnen/ Autoren an einem Buch. Die Stadt Wiesbaden erhält von den Autoren das Recht zum einmaligen Abdruck dieses Krimis.Die Vergabe der Stipendien erfolgt nach inhaltlichen und qualitativen Gesichtspunkten: Ziel ist es, sowohl erfolgreichen als auch noch eher unbekannten Autorinnen/Autoren ein Forum für den Austausch untereinander als auch mit dem Publikum zu schaffen.„Geplant ist, dass die ersten Aufenthaltsstipendien im Frühjahr 2009 an Mitra Devi, Tatjana Kruse und Oliver Bottini gehen, die beim Krimiherbst 2007 mitgewirkt“, sagt Dezernentin Thies. (hbh)

CRIMINALE im Siebten - im Café Portrait

Und nun wird´s ernst; denn es geht um Mord und Totschlag! 220 deutschsprachige KrimiAutorInnen trafen sich vergangene Woche, das erste Mal in Wien, im Rahmen der diesjährigen CRIMINALE. Sie präsentierten ihre neuen Kurzgeschichten und Romane.

Wir wählten von den fünf Veranstaltungsorten - das Literaturhaus, das Kosmos Theater, die Rote Bar im Volkstheater, das Cafe Portrait und in die Hauptbücherei - eine Lokation aus, wo Neubauer Rundfunk noch nie war: Das Café Portrait, in der Burggasse 28-32.Spannende Hör-Blicke für Sie, hier und jetzt:Richard Lifka liest aus seinem neuen Buch “Teufelsohren“, erschienen beim Brücken Verlag;Barbara Krohn “Was im Dunkeln bleibt“, erschienen beim Goldmann Verlagund
Harry Luck ” Absolution“, erschienen beim KVB Verlag.Den begehrten Friedrich Glauser-Preis hat übrigens die Wienerin Lilian Faschinger gewonnen mit ihrem Buch “Stadt der Verlierer”. Gratulation!

Gruselfans unterm Goethestein

Kulturtage: Krimineller Spaziergang durch Frauenstein
Zum ersten Mal lädt Frauenstein zu seinen Kulturtagen ein.

Diesmal zog der Frauensteiner Journalist und Autor Richard Lifka zahlreiche Gruselfans zum Goethestein, dem Startpunkt seines "kriminellen Spaziergangs" durch den Stadtteil. Ehrengast war der Dichterfürst selbst.
Nicht unter einem beliebigen Motto stehen die unterschiedlichen Veranstaltungen der Initiative Frauenstein und des Ortsbeirates. Meist wird zu Ehren von Johann Wolfgang von Goethe eingeladen, denn der Bau des Goethesteins hoch über dem Stadtteil, der zum einhundertsten Todestag des berühmten Gastes Frauensteins errichtet wurde, jährt sich in diesen Tagen zum 75. Male. Grund genug, sich nicht allein an den Besuch des Geheimrates im Juli des Jahres 1815 auf dem "Spitzen Stein" hoch über der Ortschaft zu erinnern, sondern auch den Bau des schmalen, leicht pyramidenförmigen Monuments an Goethes Ausflugsziel wieder aufleben zu lassen. Krimiautor Richard Lifka sollte dies sogleich in äußerst spannender Art versuchen.Zuvor ließ der Schriftsteller Goethe selbst ans Mikrofon. Mit "hier bin ich Mensch, hier darf ich´s sein", begrüßte dieser alias Andreas Döbelin in Perücke, samtenem Gehrock und Kniebundhosen seine rund zwei Dutzend Zuhörer und erinnerte an die Rast des Dichters hoch über den Dächern Frauensteins mit herrlichem Blick über das Rheintal bis hinüber in die Pfalz, an dem sich nach beinahe zwei Jahrhunderten nichts geändert hat.
"Ich bin nicht ganz so groß wie Goethe" erklärte Kollege Lifka alsbald bescheiden und schraubte das Mikrofon an seinem Ständer um einige Zentimeter nach unten. Sein erstes Thema habe er allerdings nicht allein am Frauensteiner Goethestein spielen lassen, sondern dem ersten Erfolg des Dichterfürsten entlehnt. Ebenso wie in dessen "Leiden des jungen Werthers" habe hier ein junger Frauensteiner seine Liebste an einen Konkurrenten verloren und berichte einem Freund von der anderen Rheinseite nun in ebenso herzzerreißenden wie grausamen Zeilen von seinem Leid.
Fünf Jahre ist Lifkas Szenario her. Frauenstein feierte gerade das siebzigjährige Bestehen des Monumentes auf dem "Spitzen Stein", als ein Mainzer Literaturwissenschaftler, der die Festrede zur offiziellen Feierstunde halten soll, auf drei merkwürdige Briefe stößt. Anfang 1931 spielt der erste des Trios. Neben allerlei deutscher und auch Frauensteiner Zeitgeschichte finden sich die Liebesqualen eines jungen Dorfbewohners, der seine Anna an den Baumeister des Goethedenkmals verloren hat. Selbstmordphantasien fabuliert der liebestolle Frauensteiner in seinem zweiten Brief, den er zehn Monate später verfasst. Nun ist die Angebetete verlobt und der Verschmähte empfindet nur Abscheu, wenn er an ihren Zukünftigen denkt.
Ein Gefühl, welches der mit dem Bau des Monumentes hoch über Frauenstein beauftragte junge Mann in seinem dritten Schreiben noch näher beschreibt. Zudem plagt ihn nun sein schlechtes Gewissen, denn Annas Zukünftiger ist verschwunden, vermeintlich in Amerika, doch vielmehr wohl tief unter dem Goethestein, in dessen Fundament aus Beton zu finden.
Wem beim Anblick des vier Meter hohen Denkmals nun bereits das Blut in den Adern gefror, sollte an der nächsten Station der kleinen Reise durch das Dorf noch sein kriminelles Wunder erleben, denn nun beschwor Lifka im Rahmen seines "Armen Ritters" unter der Burg ein derart blutiges Szenario herauf, dass es seinen Zuhören ganz rot vor Augen werden sollte. Schnell gings nun noch zur "Blutlinde" an der Kirche, denn dort wartete der zweite Teil der gruseligen Geschichte rund um den jungen Frauensteiner Müllarbeiter Siegfried, der aus verschmähter Liebe und gekränkt vom Freund der Angebeteten erst die beiden grausam dahin metzelt und dann sich selbst vom Burgfelsen stürzt.

Große Resonanz auf Werkstatt "MordVersuch"

FLÖRSHEIM Mit einer so großen Resonanz auf das Angebot der Schreibwerkstatt "MordVersuch - Oder wie schreibe ich einen Krimi" hatte die Leiterin der Stadtbücherei, Brigitte Raddatz, nicht gerechnet. Sie musste viele Interessenten auf eine Warteliste setzen. Jetzt treffen sich acht Teilnehmer und drei "Gasthörer" an drei Samstagen mit dem freien Journalisten und Krimi-Autor Richard Lifka mit dem Ziel, eine eigene Kriminalgeschichte zu entwickeln.

"In der Realität töten Frauen mit Gift, Männer mit Waffen. Doch in meinen Ausbildungskursen im `Syndikat Rhein-Main` für angehende Autoren kann ich keinen Qualitätsunterschied zwischen Frauen und Männern feststellen", so Lifka, der unter dem Pseudonym "Elka Vrowenstein" publiziert. Entwickelten Frauen eine Geschichte eher von einer Person, so wählten Männer lieber ein Ereignis für ihren Krimi.

"Schreiben kann man lernen, Kreativität aber ist nicht zu vermitteln", begrüßte Richard Lifka seine Schüler, die bis aus Weilburg und Frankfurt gekommen waren. 90 Prozent beim Schreiben sei "Handwerkszeug", fünf Prozent Kreativität und weitere fünf Prozent "Disziplin und Schweiß".

Am Samstag ging es in der ersten Runde um Theorie, Plotentwicklung, und Ideenfindung. Am nächsten Wochenende lernen die Schreibwerkstatt-Teilnehmer viel über Erzählerhaltung, Erzählweise und Stil. Am letzten Vormittag werden die Geschichten, die als "Hausaufgaben" verfasst wurden, ausgefeilt. Am Ende dieses Krimi-Schreibseminars steht die Präsentation am 26. März um 20 Uhr in der Bücherei. Dann werden die besten Kurzkrimis vorgestellt. Dazu werden Richard Lifka und seine Kollegin Susanne Kronenberg aus ihren eigenen Werken vorlesen.

Lesemarathon

Zu einem Marathon hatte die evangelische Kirche in Bierstadt geladen – zu einem Marathon der ganz besonderen Art. Nicht 42,195 Kilometer galt es zu bewältigen, sondern fast zwölf Stunden voller Literatur, vorgetragen von 33 prominenten Zeitgenossen beim Lesemarathon im ältesten Gotteshaus Wiesbadens.
Aus Fernsehen, Sport, Politik, Kirche und Kunst bekannt waren die Gäste, die alle spontan und gerne ihre Zusage gegeben hatten.„Wir waren wirklich überrascht, welch positive Resonanz wir auf unsere Anfragen erhalten haben und wie schnell sich unsere Liste der Vorleser gefüllt hat“, freute sich Kirchenvorsteher Werner Born. „Dafür allen Beteiligten unseren herzlichen Dank“. So kamen die Besucher in den Genuss, höchst unterschiedliche Persönlichkeiten beim Vorlesen ebenso unterschiedlicher Literatur zu erleben: Lese- und Redeprofis ebenso wie jene, die noch niemals in der Öffentlichkeit gelesen hatten. Heiteres und Besinnliches, Komik und Melancholie, Politik und Klassik, alles hatte dabei seinen Platz.
Unterschiedliche Besuchstaktiken zeigten sich bei den Zuhörern. Die einen suchten sich gezielt die Vorleser oder Titel heraus, die sie am meisten interessierten und suchten während ihrer Pause beim gleichzeitig stattfindenden Gemeindebasar Abwechslung oder stärkten sich an Kuchen, Kartoffelpuffern und Würstchen. Andere blieben en suite auf ihrem Platz und hörten einfach allen zu. So wie Margot Seulberger die fünf Stunden hintereinander den Lesemarathon genoss und anschließend total begeistert war: „So viele unterschiedliche Geschichten und interessante Vorleser, das war ein einmaliges Erlebnis“. Hatte sie doch während dieser Zeit Detlev Bendel, Hildegard Bachmann, Martin Seidler, Pfarrer Helmut Marx, Viola Gärtner, Dr. Hans-Joachim Jentsch, Steffen Seibert, Marco Pighetti, Till Krabbe und Ulrike Neradt live erleben können.
Zwei Zeitabschnitte waren extra für Kinder reserviert worden, um den kleinen Leseratten eine Freude zu bereiten. Angelika Thiels, Jan Immel und Benjamin Krämer-Jenster lasen mit viel Begeisterung, vor denen auf den extra ausgelegten Teppichen sitzenden und aufmerksam zuhö-renden Kindern und vielen interes-sierten Erwachsenen. Jüngste Vorleserin war Kira Voll, die im Frühjahr als Siegerin aus dem Vorlesewettbewerb der Bierstadter Grundschule hervorgegangen war. Sie las ebenfalls in der Kinderzeit aus dem Buch „Sams in Gefahr“ von Paul Maar. Die unbestritten meisten Zuhörer lockte Dr. Frank Schirrmacher, Mitherausgeber der FAZ und Bestellerautor mit seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“, in die evangelische Kirche. Mit teils erstaunlichen Zahlen („Jedes zweite heute geborene Mädchen hat eine Lebenserwartung von 102 Jahren“ und „Ein heute 70-Jähriger ist hinsichtlich seiner Zellalterung auf dem Stand eines 55-Jährigen, der Mitte des 20 Jahrhunderts gelebt hat“), die für manches Raunen im Publikum sorgten, begleitet er seinen ebenso anspruchsvollen, wie wissenschaftlich fundierten und interessanten Vortrag. Der in Bierstadt aufgewachsene und in eben dieser Kirche auch konfirmierte Schirrmacher unterstütze die Aktion „Erhalten helfen“ im übrigen nicht nur durch seine Teilnahme am Lesemarathon, sondern auch durch seine großzügige Spende.
Standing ovations erhielt Schauspieler und Radiomoderator Klaus Krückemeyer für seine witzigen Texte von Horst Evers, die er nicht nur einfach vorlas, sondern ebenso komisch wie gekonnt förmlich vorlebte.Doch auch alle anderen, die sich in den Dienst der guten Sache gestellt hatten, durften sich über viel Applaus und begeisterte Zuhörer freuen, die das vom Förderkreis „Erhalten helfen“ am Eingang aufgestellte gläserne Spendenglas immer höher füllten, so dass am Schluss die sensationelle Summe von fast 1700 Euro für die Renovierung der Kirche zusammenkam!
Selbst als die Ziellinie des Marathons ins Sicht kam und die Turmuhr mit immer mehr Schlägen das Fortschreiten der Zeit unüberhörbar ankündigte, harrten die Lesefans in erfreulich großer Zahl aus, um Klaus Angermann, Dieter Zimmer, Rita Thies, Claudia Brillmann, sowie den Dekanen Roth und Heinemann zuzuhören. Den Endspurt hatten Wolli Herber und die Krimiautoren Dieter Schmidt und Richard Lifka übernommen, bevor Gemeindepfarrer Andreas Friede-Majewski mit Nachtgebeten aus fünf Jahrhunderten um 23 Uhr einen besinnlichen Schlusspunkt unter eine eindrucksvolle Veranstaltung setzte.