LESUNG Krimiautor Richard Lifka bei Hugendubel
Mitten in der Nacht: ein Schuss fällt. In der Buchhandlung Hugendubel zucken die Besucher erschrocken zusammen. Dabei ist der Wiesbadener Autor Richard Lifka gerade voll in seinem Element, denn schließlich handelt es sich um eine „interaktive Lesung“, wie Klaus Krückemeyer, Reporter beim Hessischen Rundfunk vorab verraten hat. Und so wird auch aus der Lesung rasch ein „Mini-Hörspiel“, das Theatermusiker Timo Willecke geräuschvoll mit Windböen und Schritten auf dem Kiesweg in Szene setzt. Lifkas neuer Kriminalroman „Doppelkopf“ führt Detektiv Ninus Hagen auf mörderischen 283 Seiten durch Wiesbaden und die Region.
Erst die Regeln
Doch zuerst einmal erklärt Lifka, der selbst gerne Doppelkopf spielt, die Spielregeln. „Zwei gegen zwei“, lautet die Devise, wobei zu Beginn des Kartenspiels keiner seinen Partner kennt. Kurzweilige Wortspielereien mit Kontra, Re, Fuchs, Herz- und Kreuzdame fliegen dem Zuhörer nur so um die Ohren, wenn die Romanfiguren sich in Hagens Stammlokal „La Chirona“ in der Goldgasse zur flotten Doppelkopfrunde treffen.
Dort taucht plötzlich auch KK auf, der real Klaus Krückemeyer heißt, und vom Autor kurzerhand in die Romanhandlung eingeschmuggelt worden ist. Wie schon in Lifkas vorangegangenem Kriminalroman „Sonnenkönig“ basiert auch „Doppelkopf“ auf einem lokalen, authentischen Fall. Eine Meldung im Wiesbadener Kurier über die Entführung einer Bankiersgattin hat den freien Journalisten seinerzeit zu dem Thema inspiriert. „Eine Mischung aus Realität und Kreativität“, wie Lifka erläutert. Daher lebt auch Protagonist Alexander de Rascalère, Direktor der Allgemeinen Wiesbadener Bank, im Engenhahner Wildpark, „wo reiche und noble Menschen wohnen“.
Mit hochgekrempelten Ärmeln blättert Lifka die Seiten zu „Sex & Crime an schillernden Orten“ weiter. Die Zuhörer kichern laut, indes Bankier de Rascalère seine quietschende Geliebte „keuchend und schwitzend zum Höhepunkt vögelt“, um anschließend unter vorgehaltener Pistole „mit schwabbeligem Hintern und verschrumpeltem Hodensack“, so richtig „Scheiße auszusehen“. Nein, ein Blatt nimmt Lifka wirklich nicht vor den Mund, allerdings erst nachdem er sich rückversichert hat, dass keine Jugendlichen unter den Zuhörern sitzen.
Zwischendurch spielt Willecke Gitarre, Krückemeyer animiert das Publikum und singt mit voller Inbrunst „Viva Espana“. Interaktiv eben. „Das war jetzt aber nicht wirklich geplant“, stellt Lokalmatador Lifka amüsiert fest, und versetzt die Buchhandlung direkt ins „La Chirona“. Dort überfällt auch die Romanfiguren das Magenknurren, sie rufen nach der Küche. Damit fällt das Stichwort: Die Mitarbeiter von Hugendubel fahren als krönenden Abschluss Rotwein und Tapas für das Publikum auf. Und indes die Gäste aufgespießte Oliven und Hackfleischbällchen in den Mund schieben, signiert Richard Lifka sichtlich entspannt schon mal die ersten Bücher.
Von Sabine Posse