Richard Lifka Neuer Krimi „Doppelkopf“
Auch wer nicht Karten spielt, freut sich an Wiesbadens krimineller Energie. Natürlich nur, sofern sie fiktiv bleibt, also zwischen zwei Buchdeckeln. Und da lebt in Wiesbaden einer, der sich auskennt und das lokale Krimi-Lesepublikum seit Langem mit erfundenen skandalösen Umtrieben und auf der Gegenseite sympathischen Ermittler-Skurrilitäten versorgt.
Erfunden? Ganz aus der Luft gegriffen ist der Stoff der Geschichten eben nicht. Autor Richard Lifka hatte in „Sonnenkönig“, seinem ersten Kriminalroman in eigener Regie (nach verschiedenen mit Partnern) 2010 den Wiesbadener Prozess gegen die Agentur Aegis Media und dessen Manager Aleksander Ruzicka zum Thema genommen. „Ich versuche immer, Wirklichkeit und Fiktion zu verknüpfen“, hatte der 57-Jährige kommentiert. Dieser „Sonnenkönig“ freilich bot noch mehr: neue Figuren als ermittelnde Kommissare und Privatdetektive. Ein Ninus Hagen aus der Neugasse hatte den alten Schnüffler Frederic Feuerbach einfach abgehängt.
Feuerbachs Nachspiel
So fit und verliebt der Neue auch sein mag - Feuerbach hat nach seinen drei Wiesbadener Fällen unbedingt ein Nachspiel verdient. Deshalb ermittelt der Alte jetzt auch weiter - exklusiv für diese Zeitung in Lifkas monatlichem „Viertelkrimi“. Und kommt höchstens in Besprechungen wie diesen dem neuen Helden in die Quere. Der wird‘s verschmerzen - denn er selbst trainiert ja auch die Fortsetzung.
Ninus Hagen also, Barbesucher, Schlagzeug-Spieler und unbeirrbarer Raucher, folgt einer weiteren Drehung des vorangegangenen „Rolozko“-Falls. Und steht wieder mitten im Team mit Kommissar Wanninger, dem Kaffee-Experten, Lena, der unerschrockenen Lesbe, und Carla, die sich am Ende des letzten Buches auf die richtige, nämlich seine Seite geschlagen hatte.
Wiesbadener Gesellschaft
Der alte Fall geht weiter, weil der inhaftierte Oberschurke noch immer draußen seine Handlanger und ihm verpflichtete Stützen in der Wiesbadener Gesellschaft hat.
Es fängt anscheinend harmlos an - mit einem Autodiebstahl bei noch verdeckten Karten. Wie auf sie rein spieltechnisch reagiert werden sollte, wird einleitend erklärt. Doppelkopf-Unkundige verstehen den folgenden Prolog besser - als einen Hilfeschrei von unbekannt. Dann aber geht‘s chronologisch voran drei Wochen lang von einem Silvestertag bis zum Showdown am 23. Januar. In dieser Zeit werden geografisch Räume von Wiesbaden in den Rheingau und nach Frankfurt vermessen. London bleibt des Liebespaars privates Zwischenspiel; eine Bootsfahrt auf dem Mittelmeer betrügerische und tödliche Angelegenheit der Gegenseite. Die Verknüpfung von „Wirklichkeit und Fiktion“ neigt sich dem Letzteren zu.
Entführung, Erpressung, Explosion - Wiesbadens kriminelle Energie hat Fantasie. Das Ermittlerteam pflegt indes seine Schrulligkeiten, sitzt am liebsten in der Goldgasse und smalltalkt mit Schmackes. Seine bunten Charaktere und deren frotzelnder Umgangston gehören zum Markantesten dieses Buches, dessen Lektüre leicht fällt - ob auf dem Balkon oder auf Reisen. Nur: Doppelkopf sollte man schon spielen können.
Wiesbadener Kurier 03.08.12